AshCrow’s review published on Letterboxd:
A Lamb Story
Shocktober 2021 #29 🎃
A24 war wieder fleißig und so haben sie sich mit LAMB einen weiteren vielversprechenden Beitrag in ihren Filmkatalog geholt. Dabei ist Regiseur Valdimar Jóhannsson bisher eher unbekannt, lediglich ein Film geht vorher auf sein Konto und den scheint auch niemand so wirklich gesehen zu haben. Aber soweit ist das ja Busissnes as usual für A24, die sich ja des öfteren an völlig unbekannten aber eben vielversprechenden Regisseuren/innen bedienen.
Nun ist LAMB, natürlich, wer hätte es geahnt nicht der Film für den ihr in haltet und erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Mystery, Familiendrama, Slow Burn Folk-Horror, eigentlich alles was man so erwartet und doch irgendwie nicht. LAMB ist über weite Strecken slow, sehr slow und da müssen wir über einen Namen sprechen der wie ein guter Geist über dem gesamten Film schwebt.
Trommelwirbel bitte, denn das hat mich in den Credits beinahe von den Socken gehauen, niemand geringeren als SLOW CINEMA Legende Béla Tarr hat diesen Film mit Produziert. Ich könnte mir vor Freude ein Baguette auf den Kopf schnallen und sieben Stunden lange den Sátántangó tanzen. Das ich es im Jahr 2021 noch erleben darf einen quasi Béla Tarr Film zu sehen, der natürlich klar kommerzieller ist als alles was der Ungar bisher gemacht hat, aber dennoch, in LAMB steckt auch ein Teil von ihm, sozusagen das Turiner Lamm von Island.
So und jetzt wo wir das aus dem Weg haben brauche ich euch eigentlich nicht viel mehr zu sagen, wenn das nicht schon als Grund reicht, dann weiß ich ja auch nicht. Das LAMB dabei noch unverschämt gut aussieht brauche ich euch bei einer Location wie Island eigentlich auch nicht zu sagen, da mit der Kamera draufgehalten ist quasi cheaten. Aber es kommt auch darauf an wie man die Kamera hält und da erinnert wir uns wieder an Béla Tarr und erkennen doch die ein oder andere Gemeinsamkeite, großes Lob hiermit an Kameramann Eli Arenson der die nebelverhangenen Landschaften kunstvoll und virtuos einfängt.
Und jetzt kommt es nun in eben jener nebelverhangenen Landschaft, auf einem einsamen Bauernhof, fernab der Zivilisation zu einer ungewöhnlichen Schafgeburt. Ab dann geben sich David Lynchs Eraserhead und Franz Kafka munter die Hände und tanzten mit dem kleinen Lämmchen um die Wette. Wobei nichts so düster ist wie es zunächst scheint, die ganze Situation ist nur dermaßen absurd, wird aber mit einer Ernsthaftigkeit und Selbstverständlichkeit verkauft das man selbst diese wilde Geschichte den Isländern voll abkaufen. Das CGI ist für das Budget erstaunlich überzeugend und driftet nur gelegentlich ins Uncanny Valley ab, kann aber das Gesamtbild meiner Meinung nach nicht trüben. Dafür ist das alles viel zu liebevoll gemacht.
Das zeigt sich auch in den Familiären Szenen, die den Großteil des Films ausmachen. Hier wird wenig gesprochen oder ausgesprochen, über die Figuren erfährt man erfreulich wenig und so ist es dem Zuschauer überlassen die Lücken zu füllen. Noomi Rapace und Hilmir Snær Guðnason die zusammen den Großteil der Story tragen machen als eingespieltes Ehepaar eine gute Figur, präsentieren das aber auf eine angenehm zurückhaltende Art. Wie gesagt, hier zählen Taten mehr als Worte.
Worauf das aber alles letztendlich hinausläuft würde mir eh kein Schwein, oder Lamm, glauben. Der Film hat meine Erwartungen mehr wie einmal völlig auf den Kopf gestellt. Nach Green Knight ist LAMB jedenfalls schon der zweite A24 Kracher der mich diese Jahr beglückt hat, keinesfalls "Mäh" sondern der vielleicht schönste Familien-"Horror"-Film des Jahres.