david’s review published on Letterboxd:
Als ich Shin Godzilla letztes Jahr zum ersten Mal gesehen habe, konnte ich nicht viel mit diesen Filmen anfangen und kannte auch nur die amerikanischen Remakes.
Jetzt wo ich mit meinem Projekt an den Punkt gekommen bin, dass ich alle Godzilla-Filme kenne, sehe ich das Ganze mit anderen Augen. Es ist wirklich verrückt wie sehr sich mein eher neutrales Bild zu diesem Monster innerhalb von einer Woche so drastisch verändern konnte.
Denn jetzt liebe ich nicht nur einige vorherige Vertreter der Reihe, sondern auch Shin Godzilla konnte ganz tief in mein Herz schließen.
Woran liegt das?
Hideaki Anno präsentiert einen sehr realistischen Ansatz einer solchen Katastrophe und vermischt dies mit Szenen von Godzillas Verwüstungen, welche surrealer nicht sein könnten.
Auf der einen Seite das noch nie so ekelhaft dargestellte Monster und auf der anderen Politik. Wenn man das so liest, klingt das ätzend. Ein weiterer langweiliger Film, bei dem man nur auf die Monsteraction wartet, aber die ganze Zeit nur Gelaber von unsympathischen Figuren ertragen muss. Oder?
Das komische ist, genau dieser Aspekt ist das spannende daran. Man wird von Beginn an in die komplette Machtlosigkeit der japanischen Regierung geworfen und wenn ich nicht wüsste, dass die Szenen aus einem Godzilla-Film sind, hätte ich glatt glauben können ich würde echten Politikern beim erfassen einer nahezu unmöglich wirkenden Aufgabe zusehen. Man wechselt teilweise im Sekundentakt die Sicht auf die Dinge. Die vielen verschiedenen Menschen die an etwas arbeiten, sich nur noch dieser einen Sache widmen und vergebens eine Lösung suchen.
Und das sind ja nicht ohne Grund derart realistische Darstellungen. Die Kritik an die Regierung ist deutlich spürbar und es überrascht mich wie selbstkritisch Japan offenbar sein kann. Nicht, dass sie das nicht in einigen Filmen zuvor gewesen wären, aber in meinen Augen nie so sehr wie hier.
Einen großen Beitrag leistet dazu die Inszenierung und Perspektive des Geschehens. Befindet man sich in den Räumlichkeiten der Regierung fühlt es sich zu jeder Sekunde so an, als würde man eine Liveschaltung oder Dokumentation sehen. So ein steriler und geerdeter Look leistet da wirklich großen Einfluss.
Keine Figur im Geschehen nervt, niemand overactet, kein nerviger Nebenplot der einen aus der Haupthandlung reißen könnte. Nichts davon. Denn es gibt eben keine Hauptfiguren an die der Film versucht uns zu klammern. Es bleibt gar keine Zeit für derartige Dinge. Natürlich gibt es zwar wiederkehrende Figuren, aber niemand wird in den Mittelpunkt geschoben. Ich wünschte das könnte man auch bei mehreren Teilen zuvor behaupten, aber dem ist leider nicht so. Umso besser kommt es aber in diesem Film zur Geltung.
Godzilla selbst ist diesmal auch wieder der “böse“. Oder sind es die Menschen, die überhaupt erst schuld daran sind? Godzilla repräsentiert ja nicht ohne Grund die Fehler der Menschheit und deren Folgen.
Es werden so wieder die alten Fragen wie bereits 1954 gestellt und die Macher kehren damit erneut zu ihren Wurzeln zurück. Sie bekommen es meiner Meinung nach sogar besser hin als im Original, auch wenn man diese kaum mit einander vergleichen könnte. Einfach sagenhaft wie sehr sie aus dem Monster etwas Neues und Eigenes geschaffen haben. Ich hoffe Shin Godzilla ist damit vielen Studios in Zukunft ein Vorbild.
Ich könnte jetzt anfangen noch mehr tolle Sachen aufzuzählen, wie zum Beispiel den großartigen Score, welche den Film zu einem echten Meisterwerk machen. Aber ich belasse es dabei, auch wenn solche Kleinigkeiten für ein gelungenes Projekt wie dieses überaus wichtig sind.
Hauptsache ich habe in meinem zusammengematschten Text beschrieben warum Godzilla für mich mehr ist als nur ein Filmmonster.
Spätestens jetzt bin ich wohl Fan. Fühlt sich gut an.